Break On Through (To The Other Side)
Das Gerücht, Jim Morrison habe seinen Tod in Paris nur vorgetäuscht, zählt zweifellos zu den größten Mythen der Rock-Geschichte. Der Sänger der Doors war kaum auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise beerdigt worden, da wurde er angeblich auch schon in San Francisco, Oregon oder Australien gesichtet. Ray Manzarek spekulierte in seiner Autobiografie Light My Fire, er würde auf den Seychellen leben. Und im Internet kursieren allerlei Verschwörungstheorien und Urban Legends, die ebenfalls davon ausgehen, dass der Lizard King noch lebt.
Seltsamerweise ist aber nie jemand diesen Gerüchten nachgegangen, und auch ich hielt sie nur für puren Nonsense, den sich ein paar Fans ausgedacht hatten, um den Mythos der Doors am Leben zu erhalten – oder den ihre Plattenfirma lancierte, damit sich die Alben der Doors auch weiterhin so gut verkauften wie zu Jim Morrisons Lebzeiten. Erst als Samuel Hieronymus Hellborn mich als Ghostwriter seiner Memoiren eines Rockstar-Mörders anheuerte, wurde mir jedoch klar, dass es sich nicht nur um eine drogenvernebelte Fantasie handelte, die von irgendwelchen Kiffern in die Welt gesetzt worden war. Hellborn versicherte mir glaubhaft, dass er Morrison geholfen habe, seinen eigenen Tod vorzutäuschen, um all dem Druck zu entgehen, der auf ihm lastete, seit die Doors zu einer der größten Rock-Bands der Geschichte avanciert waren und er sich in Miami wegen der angeblichen Entblößung seiner Genitalien vor Gericht verantworten musste. Als Beweis gab er mir ein paar Weihnachtskarten zu lesen, die er jedes Jahr von ihm erhielt und die ich sogar einem graphologischen Gutachter vorlegte, der zweifelsfrei Jims Handschrift darauf erkannte. Wie genau sie Morrisons Tod vorgetäuscht hatten, verriet Hellborn indes nicht, das überließ er Morrison selbst. Nachdem Hellborn auf dem Weg von Dakar nach Cotonou mit einem Flugzeug der Senegal Air vor der westafrikanischen Atlantikküste abgestürzt war, erzählte mir seine Tochter Maybellene, dass er sich auf dem Weg zu Jim Morrison befunden habe, der sich wohl einer Voodoo-Sekte am Todesfluss von Benin angeschlossen hatte. Neugierig geworden und in Erwartung einer richtig großen Story, die um die Welt gehen würde, begab ich mich daraufhin auf Spurensuche.
Samuel Hieronymus Hellborn hatte im Peace Frog in Dakar logiert, bevor er sich auf den Weg zu Jim Morrison machte und über dem Atlantik abstürzte. Und so war dieses recht elegante und moderne Guesthouse, das nach einem Song der Doors benannt worden war, meine erste Station. Dort traf ich Aminata Zenaga, die mit Morrison nach seiner Flucht aus Paris zusammen war und mir ein Moleskine zeigte, das er bei seiner überstürzten Abreise zurückgelassen hatte.
Ich würde aber lügen, wenn ich behauptete, ich sei bei meiner Suche nach Jim Morrison streng methodisch vorgegangen oder hätte alles penibel recherchiert. Nur allzu oft kam mir der Zufall zuhilfe. So erfuhr ich vom Walkabout, den Jim Morrison 1976 mit dem Mungo Man unternommen hatte, eher beiläufig von einem alten Freund, der nach Australien ausgewandert war und sich dort als Barkeeper durchschlug. Als mir Swami Nisvana von seiner Zeit mit Jim in Bhagwans Ashram in Poona erzählte, hatte ihm eine Tüte feinsten organischen Grases die Zunge gelöst. Und dass mir Morrisons Stasi- Akte zugespielt wurde, die anlässlich eines Auftritts der Gruppe Die Türen im Gothaer „Klubhaus der Jugend” angelegt worden war, verdankte ich wiederum wohl meinem Antrag auf Einsicht in eine ganz andere Akte, in die von Rio Reiser und Ton Steine Scherben.
Die Erinnerungen all jener Zeitgenossen, die Jim Morrison nach seinem „Tod” in Paris begegnet sind oder eine Zeit lang mit ihm zusammengelebt haben, wurden von mir zeitlich so sortiert, dass man nachverfolgen kann, wo er sich wann aufgehalten hat. Größtenteils habe ich sie so wiedergegeben, wie sie mir geschildert wurden.
Jim Morrison selbst habe ich zwar leider nie persönlich getroffen, aber Mr Mojo Risin‘ enthüllt hier erstmals, was in jener Nacht vom 3. auf den 4. Juli 1971 geschah, in der er angeblich gestorben ist.
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