89/90
„Ich habe langen keinen Roman mehr gelesen, der mir so viel über die Wirklichkeit mitgeteilt hat, in der ich lebe, wie 89/90 von Peter Richter”, wird Denis Scheck auf dem Backcover dieses fabelhaften Wenderomans zitiert. Bereits 2015 erschienen, habe ich ihn erst jetzt entdeckt – und bin auf eine sehr interessante Passage gestoßen:
An einem Mittwoch Anfang Juli rief zum Beispiel jemand: Hey, Hans Plast!
S. hatte zu diesem Zeitpunkt den Namen der westdeutschen Punkband Hans-A-Plast in weißen Lettern hinten auf der Lederjacke stehen.
Wir standen immer noch unter dem Eindruck der Geschichte, wie einmal auf der Rue die Flics angekommen waren und die Jungs dort zwangen, das Wörtchen HASS von den Lederjacken runterzukratzen. Wegen des doppelt umkringelten A und wegen des Doppel-S.
Hass schreibe sich eh mit ß, hatte der eine Flic noch gesagt.
Aber nicht bei Großbuchstaben, wurde ihm entgegnet.
Außerdem sei das kein Begriff, sondern ein Eigenname, der Name einer antikapitalistischen, also praktisch fast schon sozialistischen Band aus Westdeutschland. Hatte die natürlich alles nicht interessiert. Wer diskutierte, wurde mitgenommen. Seitdem schrieben die meisten nur noch kryptische Abkürzungen auf ihre Jacken. Nur S. hatte immer noch Hans-A-Plast da stehen mit einem großen Kreis um das A. Und weil er die Jacke auch noch angezogen mit sich führte und nicht, wie in den warmen Monaten eigentlich üblich, schlaff über der linken Schulter hängend, deshalb wurde er nun also von hinten her angemacht: Hey, Hans Plast, komm mal her!