Legendäre Unfälle (2) — James Dean
… denn er wusste nicht, was er tat
Der hoffnungsvolle Nachwuchsschauspieler und Amateurrennfahrer James Dean hatte gerade seinen dritten Film abgedreht, als er auf dem Weg zu einem Flugplatzrennen in Salinas, Kalifornien, in einen Ford Tudor krachte und zum Mythos wurde.
Die Tachonadel zitterte und James Dean raste mit 190 Sachen über den Highway 46, als der Student Donald Turnupseed in der Nähe von Paso Robles, Kalifornien, die Vorfahrt missachtete und Deans Porsche Spyder 550 in seinen alten Ford Tudor krachte. Turnupseed überlebte schwerverletzt, doch Dean, der den eigens eingebauten Sicherheitsgurt nicht angelegt hatte, brach sich bei dem Unfall die Wirbelsäule, sein Brustkorb wurde zerschmettert und sein Kiefer eingedrückt. Er starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus.
Mit ihm verlor Hollywood einen der vielversprechendsten Nachwuchsschauspieler, der in Lee Strasbergs New Yorker Actor Studio sein Handwerk gelernt und gerade mal drei Filme gedreht hatte, von denen aber erst einer — „Jenseits von Eden“ — seine Premiere schon hinter sich hatte. Von seinem Filmverleih war James Byron Dean, so sein vollständiger Name, als das neue Gesicht von Hollywood verkauft worden, und als sich die Nachricht von seinem frühzeitigen Tod verbreitete, nahmen sich gleich mehrere Fans von ihm das Leben, unter anderem zwei Mädchen, die sich mit Rasierklingen seine Initialen in den Arm ritzten, bevor sie sich aus dem 14. Stock eines Hamburger Hochhauses stürzten.
Von seiner Gage für „Jenseits von Eden“, einer Verfilmung von John Steinbecks gleichnamiger Familiensaga, die auf der alttestamentarischen Geschichte von Kain und Abel beruht, hatte Dean sich einen Porsche 356 Speedster gekauft und an Amateurrennen teilgenommen. Der Porsche-Mechaniker Rolf Wütherich, ein ehemaliger Rallye-Vizeeuropameister, überredete ihn schließlich zum Kauf des silbernen Spyder und saß bei dem Unfall neben ihm. Wütherich überlebte schwerverletzt und sagte später aus, dass James Dean den Motor nicht geschont und immer voll aufgedreht habe: „Motor- und Getriebeschäden waren bei ihm gang und gäbe.“ Auf der Fahrt von Los Angeles durch die kalifornische Wüste erhielt der hochgehandelte Nachwuchs-Star denn auch nur zwei Stunden, bevor er den Spyder zerlegte, einen Strafzettel, weil er zu schnell gefahren war — was ihn jedoch nicht davon abhielt, trotz der einsetzenden Abenddämmerung ohne Scheinwerfer nach Salinas zu brettern, wo er am Tag darauf an einem Flugplatzrennen teilnehmen wollte.
Sein Porsche Spyder hatte einen 160-PS-Motor, und von diesem Modell waren nur 90 Stück gebaut worden. Auf der Motorhaube prangte die Zahl 130, und das Heck hatte James Dean mit dem Namen verzieren lassen, auf den er den Wagen getauft hatte: Little Bastard.
Als kurz nach seinem Tod sein zweiter Film ins Kino kam, „… denn sie wissen nicht, was sie tun“, in dem er einen jugendlichen Außenseiter spielte, der sich Messerkämpfe und Autorennen mit einer Jugend-Gang liefert, avancierte James Dean zur Projektionsfläche für die Generation der Halbstarken und zum Idol der Nachkriegsjugend. Obwohl er kein Rock’n’Roller war, sondern ein Beatnik, der in Künstler- und Schwulenkreisen verkehrte, meistens Jeans und ein weißes T-Shirt trug und sich die Sturmfrisur kunstvoll verwuschelte, wurde er schon bald, wie zuvor bereits Marlon Brando, zum Inbegriff des Motorrad-Rebellen und zierte so manches Cover von Teenager-Zeitschriften. Für seine Rollen in „Jenseits von Eden“ und „Giganten“, wo er an der Seite von Elizabeth Taylor brillierte, wurde er nachträglich in der Kategorie „bester Schauspieler“ für den Oscar nominiert.
Der kleine Bastard sorgte jedoch auch später noch für Schlagzeilen. George Barris, der ihm die Reifen mit weißen Streifen bemalt hatte, erstand das Wrack und stellte es in einer Bowling-Halle aus. Der Eintritt kostete 25 Cent, und wer einmal auf dem Fahrersitz Platz nehmen wollte, musste 50 Cent extra zahlen. 750.000 Fans nahmen so Abschied von James Dean, und Barris nahm eine Million Dollar ein.
Auf dem kleinen Bastard lag aber offensichtlich ein Fluch. Als Barris den Motor und die Karosse an Dr. Troy McHenry aus dem noblen Beverly Hills verkaufte, prallte der fünf Monate später gegen einen Baum und verunglückte ebenfalls tödlich. Der nächste Käufer, ein Arzt namens William F. Eschrid, überschlug sich damit, überlebte aber schwerverletzt. Und als man das Wrack abtransportieren wollte, rutschte es vom Abschleppwagen und brach einem Monteur beide Beine. 1960 verschwand der kleine Bastard schließlich für immer spurlos — als er in Florida mit dem Zug von Miami nach Barris transportiert wurde, wo er nie ankam.
Auch auf Rolf Wütherich lag ein Fluch. Bevor James Dean sein Leben aushauchte, hatte er ihm noch einen Brillantring geschenkt, der ihm Glück bringen sollte. So überlebte Wütherich zwar den Crash in der kalifornischen Wüste, wurde aber seines Lebens nicht mehr froh, weil Fans aus aller Welt ihn für den Tod ihres Idols verantwortlich machten. Er starb 1981, wieder zurück in Deutschland, als er in Kupferzell bei Schwäbisch Hall nicht mehr die Kurve kriegte und sein roter Honda Civic an einer Hauswand zerschellte. Kurz zuvor hatte er sich erstmals bereit erklärt, sich für eine Filmdokumentation über die Todesfahrt der Hollywood-Legende interviewen zu lassen, was dem von Porsche geschassten Mechaniker wohl mehr als eine Handvoll Dollar eingebracht hätte.
Vierzehn Tage vor seinem Tod am 30. September 1955 hatte James Dean noch einen TV-Spot zum Thema Verkehrssicherheit gedreht. Darin appellierte er an seine Fans: „Früher bin ich auch ganz schön gerast und habe unnötig viel riskiert. Aber seit ich Rennen fahre, bin ich auf der Straße besonders vorsichtig. Fahrt vorsichtig! Vielleicht bin ich es, dem ihr damit eines Tages das Leben rettet.“
Foto: Wikipedia
Soeben erschienen in: Motoraver # 32 — the Liberty Issue