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You're never too young to be a dirty old fan

Pleased to meet you


Im Laufe seiner Karriere hat der Rundfunkmoderator und „Rolling Stone“-Autor Wolfgang Doebeling mehr als tausend Interviews geführt, von denen er die mit den bekanntesten Musikern nun zu einem Buch zusammengestellt hat, dem es weder an einem guten Einband noch an einem Lesebändchen fehlt. Und schon gar nicht an Eitelkeit, denn ein Schmock wie Wolfgang Doebeling führt keine schnöden Interviews, sondern lässt seine Gesprächspartner „zur informatorischen Ader“, zapft sie „dialogisch“ an oder „parliert“ mit ihnen. Und damit das auch jeder versteht, hat ihm Fran Healy als Gegenleistung für Doebelings Jubelarien über dessen Band Travis ein Vorwort geschrieben, das gleich zweimal in „Pleased To Meet You“ (Wilhelm Fink) abgedruckt ist — erst in Englisch, dann in Deutsch — und in dem Doebeling mit John Peel verglichen wird. Mehr Eitelkeit geht nicht.
Überaus gespreizt erzählt Doebeling wie es zu den Interviews mit den Stones und zwei Beatles, Ray Davies, Pete Townshend, Graham Nash und David Bowie, Elvis Costello und Joe Strummer gekommen ist — aber wer will schon wissen, was Mick Jagger 1985 zu seiner Solo-LP „She’s The Boss“ gesagt hat? Bereits zum Zeitpunkt ihrer Entstehung erregten diese Interviews nicht gerade Aufsehen, und heute dürften sich dafür noch nicht mal notorische Hardcore-Fans der Stones interessieren.
Dass das Buch lektoriert wurde, sieht man ihm zwar nicht an, geht aber aus einem Nachwort hervor, in dem Autor und Lektor zugeben, sich „in Ermangelung einschlägiger Erfahrungen“ kräftig verkalkuliert zu haben, sodass statt zwanzig nur zwölf Interviews abgedruckt wurden. Und das in einem Verlag, der von der „Zeit“ einst zum „anspruchvollsten deutschen Verlag“ für Kulturwissenschaft gekürt wurde. Es wird böse enden.

1 Kommentar

  1. Ahoi, mein Lieber,
    da hast Du aber ein brillantes Florett geführt! :-) Ich hab ziemlich grinsen müssen! Zwar hab ich das Ganze nicht gelesen – es interessiert mich auch kaum, selbst als hartnäckigen Stones-Fan (sic!) nicht – aber Deinen Anmerkungen zufolge hab ich offenbar nix verpasst. Mein Verdacht, dass es dem geschätzten Kollegen in erster Linie um eitle Selbstinszenierung ging, war wohl nicht ganz unbegründet… Außerdem hasse ich diese selbstverliebte Doebeling-Diktion.
    Das hätte John Peel ganz anders gemacht.
    Lieben Gruß nach HH und einen smoothen Start ins Neue Jahr!
    Ernst